„Technik und Menschen auf Verschleiß gefahren“

Mit ungewöhnlich scharfer Kritik hat Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow auf die angekündigte Schließung der Druckerei der Schweriner Volkszeitung in der Landeshauptstadt reagiert. Seit Übernahme durch den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z) im Jahre 2005 sei der Medienstandort „regelrecht ausgeblutet“ worden. Erst nach dieser Attacke rang sich die Zeitung zur Information ihrer eigenen Leser durch.

Wut und Enttäuschung über das bevorstehende Aus der Druckerei der Schweriner Volkszeitung (SVZ). Während die 52 betroffenen Mitarbeiter, denen der Gang in die Arbeitslosigkeit droht, die Ankündigung der Geschäftsleitung bei einer vor dem Wochenende einberufenen Mitarbeiterversammlung wie gelähmt hinnahmen, las Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow am darauf folgenden Montag dem Verlag die Leviten.

„Technik und Menschen wurden hier auf Verschleiß gefahren und danach einfach ausgemustert“, machte die Politikerin ihrem Ärger Luft. „Eine Heimatzeitung, die gewerbliche und journalistische Arbeitsplätze durch Produktionsverlagerung und Fremdsteuerung vernichtet bzw. gefährdet, muss sich nicht wundern, wenn ihr die Verankerung in der Region und bei den Leserinnen und Lesern Stück für Stück verloren geht.“

Die Verantwortung sieht Gramkow beim sh:z, der am Medienstandort Schwerin einen großen Imageschaden angerichtet habe. Wenn die SVZ, wie geplant, spätestens im März 2014 in der erst vor vier Monaten vom Mutterkonzern sh:z gekauften Anzeigenblatt-Druckerei „Prima“ in Wittenburg produziert wird, blieben in der Landeshauptstadt neben Mantel- und Lokalredaktion sowie der örtlichen Geschäftsstelle nur noch jeweils zehn Mitarbeiter im Anzeigenverkauf und Vertrieb sowie Geschäftsführung und Zusteller übrig.

Ohne Wirkung blieb die Attacke nicht. Hatte sich das Blatt gegenüber der eigenen Leserschaft zunächst in Schweigen gehüllt, verkündete Geschäftsführer Andreas Gruczek fünf Tage nach der Mitarbeiterversammlung in einem kurzen Beitrag in eigener Sache vermeintlich frohe Botschaften. Die Entscheidung für Wittenburg sei ein Bekenntnis zum Standort Mecklenburg-Vorpommern, heißt es mit Verweis auf die  „modernen Rotations-Maschinen in der zum Firmenverbund gehörenden Prima Druck und Verlag GmbH & Co. KG“.

Eine Modernisierung der Rotation in Schwerin hätte laut Gruczek mindestens 10 bis 12 Millionen Euro gekostet und wäre wirtschaftlich nicht vertretbar gewesen. Mit der Verlagerung nach Wittenburg könne man „die wirtschaftliche Belastung der SVZ signifikant abmildern und den Bestand der Zeitung im heutigen Umfang absichern“.

Ähnlich argumentiert die Konzernmutter sh:z in einer an die Mitarbeiter verschickten Hausmitteilung. Derzeit liege man bei allen Zeitungsverlagen der Gruppe hinter den Umsatzplanungen zurück. „Wir sind daher gehalten, unsere Marktaktivitäten zu intensivieren und unsere Kostenbasis kritisch zu hinterfragen.“

Fragt sich nur, ob die endlosen Sparrunden in Schwerin nicht selbst ein erheblicher Teil des Problems sind. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) geht fest davon aus. Wenn die SVZ „nur noch ein verlängerter redaktioneller Arm des Mutterhauses in Flensburg“ und vom einst stolzen Pressehaus lediglich ein Restposten übrig ist, müsse man sich nicht wundern, „wenn auch immer mehr Leser sich verabschieden“, so Landesvorsitzender Michael Zumpe. Viele der noch verbliebenen 130 Mitarbeiter hätten es innerlich bereits getan.
14. Juni 2013