Die regelmäßig in der Zeitschrift Media Perspektiven veröffentlichte
Analyse zeigt seit Jahren den immer gleichen Befund für den Nordosten:
Mecklenburg-Vorpommern ist das Bundesland mit der geringsten
Zeitungsdichte in ganz Deutschland. Nur im Raum Rostock haben die Leser
die Wahl zwischen zwei wirklich voneinander unabhängigen
Blättern.
Rang | Bundesland | Kreise* | Ein-Zeitungs-Kreise* | Anteil |
1. | Berlin | 1 | 0 | 0 % |
2. | Hamburg | 1 | 0 | 0 % |
3. | Nordrhein-Westfalen | 54 | 9 | 16,7 % |
4. | Hessen | 26 | 10 | 38,5 % |
5. | Baden-Württemberg | 44 | 21 | 47,7 % |
6. | Bremen | 2 | 1 | 50,0 % |
7. | Thüringen | 23 | 12 | 52,2 % |
Bundesdurchschnitt | 439 | 261 | 59,4 % | |
8. | Bayern | 96 | 59 | 61,4 % |
9. | Brandenburg | 18 | 13 | 72,2 % |
10. | Schleswig-Holstein | 15 | 11 | 73,3 % |
11. | Rheinland-Pfalz | 36 | 27 | 75,0 % |
12. | Sachsen | 29 | 22 | 75,9 % |
13. | Niedersachsen | 46 | 35 | 76,1 % |
14. | Sachsen-Anhalt | 24 | 19 | 79,2 % |
15. | Saarland | 6 | 5 | 83,3 % |
16. | Mecklenburg-Vorpommern | 18 | 17 | 94,4 % |
Diese Monokultur hat fatale Folgen: Wiebke Möhring und Dieter Stürzebecher vom Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover haben in einer ebenfalls in dem Fachblatt veröffentlichten Arbeit die Auswirkungen der Monokultur auf den Erfolg der Titel bei den Lesern unter die Lupe genommen. Ihre Erkenntnis: Wo es nur einen Titel auf dem Markt gibt, wenden sich die Leser schneller von der Zeitung ab, als in Regionen mit Wettbewerb.
Die Fachzeitschrift Media Perspektiven wird seit 1970 im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der ARD-Werbegesellschaften herausgegeben. Sie erscheint monatlich und behandelt medienwissenschaftliche sowie medienpolitische Themen. Media Perspektiven beobachtet und analysiert die Lage und Entwicklung der Massenmedien in Deutschland und in anderen Ländern.
Neben der Zeitschrift werden die jährlich erscheinende Datensammlung
Media Perspektiven Basisdaten und die unregelmäßig erscheinenden Media
Perspektiven Dokumentationen publiziert und die gleichnamige
Schriftenreihe betreut, in der vorwiegend Studien im Auftrag der
ARD/ZDF-Medienkommission erscheinen.
Internet: www.media-perspektiven.de
Möhring und Stürzebecher erhoben zu diesem Zweck systematisch die Auflagendichte – also die Anzahl der pro 1000 Einwohner verkauften Zeitungen – für alle 327 west- und 111 ostdeutschen Landkreise bzw. kreisfreien Städte sowie Berlin. Die erste Erkenntnis: Der von den Verlegern häufig behauptete Zusammenhang zwischen Bevölkerungsrückgang und Auflagenschwund reicht zur Erklärung der Misere nicht aus. Denn in diesem Fall müssten zwar die absoluten Absatzzahlen sinken, die Auflagendichte, also der Anteil der Zeitungsleser an der Gesamtbevölkerung, allerdings konstant bleiben.
Davon kann jedoch keine Rede sein: In den neuen Ländern brach die Auflagendichte binnen zehn Jahren um 27,5 Prozent ein. Statt 326 von 1000 Einwohnern (1996) abonnieren oder kaufen nur noch 287 (2006) eine Lokal- oder Boulevardzeitung. „Die in teils drastischen Ausmaßen vollzogene Abwendung von der lokalen Abonnementzeitung bedeutet zugleich auch eine Abkehr vom Medien Tagespresse an sich“, bilanzieren die Wissenschaftler.
Der Trend weist jedoch regionale Unterschiede auf. Immer dort, wo
echter publizistischer Wettbewerb zwischen verschiedenen Blättern
bestehe, sei der Verlust deutlich geringer als in der
Ein-Zeitungs-Ödnis. In der Tat: Im Raum Rostock fiel die Auflagendichte
zwischen 1996 und 2006 um nur 23,4 statt 24,3 Prozent im übrigen
Mecklenburg-Vorpommern. Die Warnowmetropole steht damit deutlich besser
da als die deutschen Länder generell, deren Durchschnitt bei - 26,7
Prozent liegt.
Auflagendichte 1996* | Auflagendichte 2006* | |
Alte Bundesländer ohne Wettbewerb | 365 | 311 |
Alte Bundesländer mit Wettbewerb | 387 | 326 |
Neue Bundesländer ohne Wettbewerb | 382 | 280 |
Alte Bundesländer mit Wettbewerb | 417 | 303 |
Als Faustregel gilt also: Je mehr Wettbewerb, desto weniger Schwund des Leserinteresses! Mancherorts sind die Werte sogar positiv: „Das Paradebeispiel hierfür ist die Stadt Wolfsburg (Niedersachsen): Die beiden hier gegeneinander konkurrierenden Titel – Wolfsburger Allgemeine und Braunschweiger Zeitung – haben seit 1996 ihre Auflagendichte um 15 Prozent gesteigert.“
Für Möhring und Stürzebecher steht fest: Es gibt einen offenkundigen
Zusammenhang zwischen publizistischem Wettbewerb und dem Stellenwert
der Tagespresse. Mangelnder Konkurrenzdruck sei zumindest
mitverantwortlich für den Verlust von Akzeptanz und die Abwendung
vieler Leser von den Zeitungen.