Bei den Mitarbeitern der Ostsee-Zeitung wächst unterdessen die Angst, was ihnen nach der für 2010 angekündigten Schließung der Finanzbuchhaltung sowie drohenden Einschnitten im Anzeigenbereich noch drohen könnte. Für die Unruhe hat Geschäftsführer Thomas Ehlers selbst gesorgt - mit einer ausgerechnet einen Tag nach der Bundestagswahl an alle Kollegen versandten Hausmitteilung.
Klagen über die Wirtschaftskrise im Allgemeinen und dem schlechten
Verlagsgeschäft im Besonderen folgt die Ankündigung: „Wir überprüfen
derzeit sämtliche Verlags- und Redaktionsstrukturen, um kostengünstiger
produzieren zu können.“ Besonders die Journalisten im Hause staunten,
war ihnen doch zuletzt suggeriert worden, die jetzt anstehenden
Einschnitte träfen lediglich den Verlagsbereich.
Erstes Opfer der Rotstift-Orgie ist die Hannoversche Neue Presse (NP) im Madsack-Stammhaus in Hannover. Dort sollen ab 2010 acht Stellen in der Redaktion wegfallen, sechs befristet angestellte Kollegen würden somit ihren Job verlieren, informiert der NP-Betriebsrat in seinem Mitteilungsblatt. Noch härter träfe es die freien Mitarbeiter des Blattes. Der Honorar-Etat sei von der Geschäftsführung halbiert worden. „Hinzu kommen Einsparungen bei Büro und Software von 50 oder 30 Prozent. Uns allen ist klar, dass dies Qualitätseinbußen bedeutet.“
Von der Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) sickerten inzwischen weitere Grausamkeiten durch: So soll die HAZ außer den Honoraren für freie Mitarbeiter auch die Kosten für Nachrichtenagenturen wie dpa oder AP halbieren. Im Klartext: Künftig wird das Blatt auf die Informationen einer oder mehrerer Agenturen verzichten und bei der Qualität entsprechende Abstriche machen müssen.
Im Verlagsbereich stehen weitere Ausgliederungen an. So will der Konzern die Personalabteilung ebenso in einer Extra-GmbH verschwinden lassen wie den Anzeigensatz. Das Ziel solcher Aktionen ist klar: Mit schlechteren Arbeitsbedingungen und künftig deutlich niedrigeren Gehältern will man die Kosten kräftig drücken.
Grund für die Sparrunde sollen der Einbruch bei Stellenanzeigen (50 Prozent) und anderen Anzeigen sein. Madsack erwartet laut Geschäftsführung 2010 einen Gewinnheinbruch von 80 Prozent, wodurch die bisher gute Rendite der Anteilseigner von sieben bis acht Prozent auf magere zwei Prozent sinken werde. Das habe der Aufsichtsrat nicht hinnehmen wollen, in Gesellschafterkreisen spreche man sogar von einem „Sanierungsfall Madsack“.
Kritisch merken die Arbeitnehmervertreter an, was die Leitung nicht
erwähne: „Dass die mehr als 300 Millionen Euro für Zukäufe, die Madsack
in Lübeck, Kiel, Rostock und Leipzig während der beginnenden
Wirtschaftskrise ausgab, eine erhebliche Rolle für den Gewinneinbruch
spielen. Was noch vor Monaten euphorisch gefeiert wurde, ist wohl zu
einer schweren Hypothek geworden.“