„Partner“ von Sommermagazin bevorzugt bedient
Seit drei Jahren fährt die Ostsee-Zeitung im Sommer eine Doppelstrategie. Die „Seiten für Urlauber und Einheimische“ werden als Journalismus verkauft, doch unabhängige Berichterstattung sieht anders aus. Ins Blatt kommt, wer als „Partner“ ins Boot steigt. Das Eintrittsticket ist die Abnahme einer Mindestzahl von Zeitungen.
Bei süßen Früchten sind Ostsee-Zeitung (OZ) und Lübecker Nachrichten (LN) unisono hin und weg: „Ein bärig guter Erdbeerhof“ jubelt das Rostocker Blatt am 9. Juli 2011 in einem ganzseitigen Bericht über „Karls Erlebnisdorf“ im mecklenburgischen Rövershagen und setzt gegenüber dem Lübecker Schwestertitel noch einen drauf. Das hatte am 24. Juni nicht minder euphorisch über einen „beerenstarken Erdbeerhof“ berichtet, gleichfalls ein Haus der Marke „Karls“, nur in Schleswig-Holstein. Und ob Zufall oder nicht – in beiden Fällen herzen Kinder den „Erdbären“, ein übergroßes Maskottchen. Das sei „ganz schön kuschelig“.
So viel PR-Schlagseite ist in den fast identisch aufgemachten Sommermagazinen beider Blätter zwar die Ausnahme, es überwiegen gefällige, durchaus informative Berichte über Touristenattraktionen wie das Stralsunder Ozeanum, den Rostocker Zoo oder die Zingster Fotomeile. Gleichwohl kann von unabhängiger Berichterstattung kaum die Rede sein.
Die in Lübeck bereits länger erprobten und bei der Ostsee-Zeitung vor drei Jahren eingeführten „Seiten für Urlauber und Einheimische“ haben auch die Aufgabe, mit einem Geschäft auf Gegenseitigkeit die Auflage in den Sommermonaten nach oben zu treiben. „Partner“, die jeden Tag eine gewisse Zahl von Zeitungen abkaufen, werden bevorzugt behandelt.
Wie das Modell im Detail funktioniert, erklärt das „Tourismuszentrum Mecklenburgische Ostseeküste“ selbst auf seiner Homepage. Vermieter, die jeden Tag mindestens zehn Zeitungen abnehmen, könnten diese Exemplare zum halben Preis beziehen. Und öffentliche Veranstaltungen wie Feste, Konzerte oder Märkte würden „...dann im Veranstaltungskalender der Sommerredaktion kostenfrei veröffentlicht“.
Auch die Stadt Grimmen erfreut sich Internet-öffentlich ihrer Partnerschaft mit der Ostsee-Zeitung und gibt Hinweise, wie Termine im Blatt zu platzieren sind. „Damit Veranstaltungen rechtzeitig veröffentlicht werden können, ist mindestens ein zeitlicher Vorlauf von einer Woche bei den Redakteuren erforderlich.“
2011 kam für die Redakteure der Ostsee-Zeitung eine gegenüber den Vorjahren noch klarere
Ansage: Bis zum 10. September würden im täglichen
Veranstaltungskalender nur noch Termine so genannter Partner
veröffentlicht. Die Liste der Bevorzugten – vom Erdbeerhof über die
Reederei TT-Line bis zu zahlreichen Kurverwaltungen – wurde gleich mit
zur Kenntnis gegeben. Der erste von zwei Hallen-Spielplätzen in diesem
Katalog durfte sich denn auch schon prompt über einen ganzseitigen Bericht à
la Erdbeerhof freuen: „Im Indoor-Spielpark Pandino werden Kinderträume
wahr. Und einen kuscheligen Bären zum Knuddeln gibt es für die Kleinen auch.“