Scharmützel auf dem Medienmarkt an der Küste

Die Ostsee-Zeitung (OZ) startet eine elfte Lokalausgabe in Güstrow und rückt damit in bisher von der Schweriner Volkszeitung beherrschtes Terrain vor. Die journalistische Offensive ist Teil des verschärften Konkurrenzkampfes zwischen den beiden großen Zeitungskonzernen im hohen Norden. Kontrahent ist der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag, der seine Anzeigenblätter Richtung Ostsee immer stärker in Stellung bringt.


Nachdem die Konkurrenz durch den „Markt“ stärker wird, kontert die LN-Tochter OZ mit einer eigenen Ausgabe der Tageszeitung in Güstrow, einem wichtigen Ort für die zur sh:z-Gruppe gehörenden Schweriner Volkszeitung.

„Die Güstrower fahren zum Arbeiten und Einkaufen in die Hansestadt, die Rostocker zum Entspannen nach Güstrow. Das passt einfach“, befand Andreas Ebel, Chefredakteur der Ostsee-Zeitung (OZ), in der ersten Ausgabe der „Güstrower Zeitung“, die am Wochenende nach Reformationstag und Allerheiligen an alle Haushalte der Barlachstadt verteilt wurde. Die journalistische Begründung, dass man Präsenz im „Herz des neuen Großkreises Rostock“ zeigen wolle, zu dem auch die etablierte OZ-Region um Rostock und Bad Doberan gehört, scheint freilich nur ein Teil der Motivation.

Offenbar fühlt sich Mecklenburg-Vorpommerns größte Tageszeitung (Verkaufsauflage knapp 150 000), eine Tochter der zur Mediengruppe Madsack gehörenden Lübecker Nachrichten (LN), von den Aktivitäten des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (sh:z) in ihrem angestammten Territorium zunehmend unter Druck gesetzt.

In Rostock geben sich die Norddeutschen Neuesten Nachrichten als Lokalausgabe der Schweriner Volkszeitung (SVZ) trotz der dauerhaft an der 8000er-Marke dahindümpelnden Auflage schon länger erstaunlich keck. Mit massiven Werbe-Aktionen und Sport-Sponsoring sind sie in die Offensive gegangen, wobei besonders die Übernahme des Medienpartnerschaft mit dem Fußball-Drittligisten Hansa Rostock für Aufsehen sorgte.

Nun haben die Flensburger Verleger zur neuen Attacke geblasen: Das erst im Februar mit der gesamten Flaschka-Gruppe gekaufte Anzeigenblatt „Markt“ wird in Lübeck, Wismar und Umgebung in Stellung gebracht. Vor wenigen Tagen erteilte das Kartellamt der sh:z-Mutter medien holding:nord zudem die Freigabe, mit dem „Warnow Kurier“ ein weiteres Gratis-Blatt in Rostock zu übernehmen.

Der zweimal wöchentlich in einer Auflage von 125 000 (mittwochs) bzw. 154 000 Exemplaren (sonntags) erscheinende Titel wird bis in die Region um Kühlungsborn geliefert. Damit erschließt sich der sh:z ein deutlich größeres Gebiet als mit seinem angestammten Titel „Rostocker Express“ (Auflage 110 000), der auf die Hansestadt selbst beschränkt ist.

Im mit Anzeigenblättern reichlich gesegneten Wirtschaftsraum Rostock gibt es nach dem Ausstieg des bisherigen Kurier-Eigners Berliner Verlag nur noch zwei große Gegenspieler. Während die Ostsee-Zeitung mit den Titeln „Ostsee-Anzeiger“ und „Mein Wochenende“ antritt, sitzt sie beim landesweit größten Titel „Blitz“ gleichberechtigt mit der SVZ als Gesellschafter im Boot.

Im Gegensatz zum deutlich beweglicheren Geschäft mit Gratis-Blättern erwiesen sich die bisherigen Anläufe, mit der klassischen Tageszeitung in fremden Revieren zu „wildern“, als zähes Brot. Erfahrungen mit Expansionsversuchen haben alle drei Titel im Nordosten gesammelt: So ging die SVZ Anfang der 90er-Jahre in Wismar mit einem eigenen Titel in die Offensive. Sie blieb damit letztlich ebenso erfolglos wie die Ostsee-Zeitung, die 1994 eine Ausgabe im vorpommerschen Anklam zu etablieren versuchte, um die „Insel Zeitung“ des Nordkuriers auf Usedom zu kontern. Letztere besteht – inzwischen fusioniert mit der Anklamer Ausgabe des Neubrandenburger Blattes – zumindest auf dem Papier fort.

Im Markt der Gratis-Titel kam es ebenfalls wiederholt zum Schlagabtausch. Dass der von der OZ herausgegebene Titel „Güstrow Extra“ fast zeitgleich mit der SVZ-Ausgabe Wismar vom Markt verschwand, wollen Beobachter nicht als Zufall werten. Zuletzt lancierte der Neubrandenburger Kurierverlag einen Greifswalder Anzeigenkurier.
5. November 2013