Neujahrsbaden in Boltenhagen, in Schönberg werden die Böller von der Straße gefegt, und das „Gesicht des Tages“ darf auch nicht fehlen - der Jahreswechsel fiel für die Leser der Ostsee-Zeitung in Grevesmühlen und Umgebung scheinbar wie gewohnt aus. Aber eben nicht ganz. Wer genau hinschaute, entdeckte Autoren, die bis dato für die vermeintliche Konkurrenz schrieben. Lesern der Lokalausgabe der Lübecker Nachrichten erging es in umgekehrter Folge genauso.
Des Rätsels Lösung findet sich – leider nur klein gedruckt – im Impressum: OZ und LN haben ihre beiden Lokalredaktionen zu einer zusammengelegt, die nun für jedes der zwei Blätter täglich das jeweils passende Menü kochen soll.
Das Rezept ist sattsam bekannt. Nach ähnlichem Strickmuster verfährt der Mutterkonzern Springer auch bei „Welt“ und „Berliner Morgenpost“, die seit Jahren von einer gemeinsamen Redaktion erstellt werden. So lässt sich nach außen der schöne Schein des Wettbewerbs wahren, während hinter den Kulissen gespart wird.
Ganz so weit ist es in Grevesmühlen freilich noch nicht. Mit neun fest angestellten Journalisten und mehreren festen freien Mitarbeitern ist die Summe der Redakteure erst einmal unverändert geblieben. Zuvor zählte die OZ-Lokalausgabe fünf und die der LN vier Redakteure.
Für die Pressevielfalt in Mecklenburg-Vorpommern ist die Fusion allerdings ein weiterer Schlag. Die Region zwischen Schönberg und Boltenhagen war bisher neben Rostock und der Insel Usedom die einzige im Land, wo die Leser zwischen zwei inhaltlich konkurrierenden Zeitungen wählen konnten.
Eins wurde immerhin elegant gelöst: Weder Ostsee-Zeitung noch
Lübecker Nachrichten können sich derzeit als Gewinner oder Verlierer
der Fusion in Nordwestmecklenburg empfinden. Zwar wurde die Redaktion
dem Unternehmen Ostsee-Zeitung zugeordnet, der neue Lokalchef ist aber
ein „Lübecker“. Hanno Hannes leitete zuvor die Möllner Redaktion des
Blattes, dem mit Nick Vogler wiederum ein Rostocker zur Seite steht.
Die beiden bisherigen Leiter der Grevesmühlener Ausgaben haben sich aus
der Kreisstadt von Nordwestmecklenburg verabschiedet und wechselten zu
anderen Lokalredaktionen.