Ostsee-Zeitung komplett in Madsack-Hand
Der Hannoveraner Medienkonzern hat überraschend die Übernahme sämtlicher Anteile der Lübecker Nachrichten und deren Tochter OZ verkündet. Die Kieler Nachrichten, erst vor gut einem Jahr als neuer Minderheitsgesellschafter eingesprungen, steigen wieder aus und überlassen Madsack damit auch bei der Umsetzung des aktuellen Sparprogramms die Alleinherrschaft.
War der Coup von langer Hand geplant? Oder herrschte in der neuen Gesellschafter-Konstellation nicht nur traute Einigkeit? Antworten auf diese Fragen dürften den vom Sparprogramm Madsack 2018 gebeutelten Mitarbeitern in Rostock und Lübeck wenig weiterhelfen. Klar ist nur: Madsack kann die Verlage an der Küste nun im Alleingang ohne Abstimmungsbedarf mit einem Minderheitsgesellschafter umkrempeln. Damit könnten die geplanten Umstrukturierungen, die mit Ankündigung drastischer Einschnitte in den Redaktionen ihren Anfang nahmen, noch schneller durchgezogen werden.
Für den Anteilsverkauf muss das Bundeskartellamt zwar erst seinen Segen geben, aber das dürfte bloß Formsache sein. Chef im Ring sind die Hannoveraner schon seit Ende 2014, als die mit dem Madsack-Konzern zerstrittenen Altgesellschafter der Lübecker Nachrichten (LN) den letzten Widerstand aufgaben und ihre Anteile von insgesamt 27 Prozent an die Heinrich Beteiligungs GmbH verkauften. Die dahinter stehenden Kieler Nachrichten (KN), an denen Madsack mit 49 Prozent beteiligt ist, waren schon zuvor mit den Niedersachsen so eng verbandelt, dass die Gewerkschaft ver.di öffentlich den Verdacht eines „Strohmann“-Deals in den Raum stellte.
Bleibt die Frage, warum die Kieler trotz der Millionengewinne von Ostsee-Zeitung (OZ) und LN so schnell die Lust an ihrem neuem Investment verloren. Dass sich die Heinrich Beteiligungs GmbH wieder auf ihre Beteiligungen an den KN und der Segeberger Zeitung konzentrieren will – so die offizielle Lesart laut Madsack-Pressemitteilung – erscheint nicht gerade als schlüssiger Grund. Eher noch steuerrechtliche Motive von Madsack bei der Finanzierung aufwändiger Sozialpläne zum Personalabbau oder schlicht der Unwille des früheren Altgesellschafters, direkt an die ungeliebten Hannoveraner zu verkaufen, und somit das Verstreichen-Lassen einer Schamfrist.
Die Ursachen könnten allerdings auch in Kiel zu suchen sein, wo schon länger über einen möglichen Ausstieg der Altgesellschafter-Familie Heinrich aus dem Zeitungsgeschäft spekuliert wird, was einen weiteren Vormarsch des Madsack-Konzerns nach sich ziehen könnte. Konzern-Chef Düffert ließ das in seiner Mitteilung prompt dementieren. „Die bewährte Gesellschafterkonstellation bei den Kieler Nachrichten bleibt von den Veränderungen in Lübeck und Rostock unberührt.“
Noch haben die Hannoveraner in Rostock und Lübeck ja reichlich zu tun. Während die Redaktionen in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein um ein Viertel bzw. rund ein Drittel schrumpfen sollen, kündigen sich nun zusätzlich für den kaufmännischen Bereich, zu dem Anzeigen und Vertrieb gehören, Einschnitte an. Allerdings wächst bei den Mitarbeitern der Unmut. Der Warnstreik von Redakteuren und Verlagsangestellten am Tag des Neujahrsempfangs der OZ ist ein deutliches Warnsignal.