Ostsee-Zeitung droht die nächste Sparrunde
Nach dem angekündigten Kahlschlag in der Redaktion, wo ein Viertel der Stellen wegfallen soll, bereitet der Hannoveraner Konzern offenbar in Rostock die nächsten Einschnitte im Rahmen des Sparprogramms „Madsack 2018“ vor. Im Visier sind nun Verlagsbereiche, also das kaufmännische Geschäft wie Anzeigen und Vertrieb. Das wurde beim Auftakt der Tarifverhandlungen über die Standort- und Beschäftigungssicherung bekannt.
Wie soll die Arbeit in einer drastisch verkleinerten Redaktion geschafft werden? Welche Abteilungen sind die nächsten Spar-Opfer? Wie kann es sein, dass in einem Verlag, der regelmäßig Millionen-Gewinne verbucht, Kündigungen drohen? Die Stimmung in der Belegschaft der Ostsee-Zeitung wird zunehmend gereizter. Rund 50 Mitarbeiter überhäuften den Betriebsrat auf dem Hof des Rostocker Pressehauses mit Fragen, während die Gewerkschaften DJV und ver.di an der Trave mit der Geschäftsleitung zur ersten Tarifverhandlung über die Standort- und Beschäftigungssicherung bei Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten zusammenkamen.
Die Nachrichten von dort fielen nicht gerade beruhigend aus. Zwar haben bereits eine Reihe von Mitarbeitern die ihnen unterbreiteten Angebote im Rahmen der vor kurzem abgeschlossenen Altersteilzeit-Tarifverträge angenommen. Ob dieses Instrument allerdings reicht, um betriebsbedingte Kündigungen in der Redaktion abzuwenden, entscheide sich laut Geschäftsleitung erst Ende Januar, heißt es in einer Information der Gewerkschaften an die Belegschaft. Am meisten gefährdet sind nach wie vor die Mitarbeiter der Redaktionssekretariate, die es nach dem Willen der Chefetage mit Ausnahme von Rostock und Stralsund an keinem Standort mehr geben soll.
Denen, die bleiben dürfen, würde jedoch selbst ein komplett sozialverträglicher Stellenabbau kaum weiterhelfen, denn Abstriche am Sparpaket kommen für die Leitung offenbar nicht infrage. Bei der Forderung nach Mindestbesetzungsregelungen für die Redaktion beißen die Gewerkschaften weiter auf Granit – die Gegenseite habe das Thema für nicht verhandelbar erklärt.
Ein klares Nein gab es auch bei der Forderung nach dem generellen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Im Gegenteil: Die Geschäftsleitung habe auf Nachfrage erklärt, dass auch in den Verlagsbereichen personelle Maßnahmen zu erwarten sind. Näheres dazu könne man wahrscheinlich jedoch erst Ende Februar sagen. Überraschend kommt das nicht, ist doch schon länger bekannt, dass Unternehmensberater auch das kaufmännische Geschäft wie Anzeigen, Vertrieb und andere Bereiche unter die Lupe nehmen. Hinzu kommen die schlechten Erfahrungen aus anderen Madsack-Betrieben. In Hannover, Potsdam und Leipzig wurde im Rahmen des konzernweiten Sparprogramms „Madsack 2018“ auch bei den Verlagsangestellten bereits kräftig „geholzt“ – mit Personalabbau und Ausgliederungen in tariffreie Firmen. Für Rostock und Lübeck setzte die Leitung immerhin noch ein positives Signal: Auch vor der Umsetzung von weiteren Maßnahmen wolle man mit den Gewerkschaften DJV und ver.di Gespräche zur Beschäftigungssicherung führen.
In der Redaktion von Mecklenburg-Vorpommerns größter Tageszeitung (Verkaufsauflage 143.000 Exemplare) schafft die Chefetage derweil weiter munter Tatsachen, um die angestrebte personelle Zielgröße zu erreichen. Während immer mehr befristete Verträge auslaufen, wird in eilig zusammengetrommelten Arbeitsgruppen daran gewerkelt, das nicht passende irgendwie passend zu machen. Ein ehrgeiziges Unterfangen, denn Arbeitsdruck und viele Überstunden machen der Redaktion schon heute schwer zu schaffen.
Ob es unter diesen Umständen weiter bei kurzen Protestbekundungen bleibt, erscheint kaum vorstellbar, dafür ist der Ärger in der Belegschaft zu groß. An den Schwarzen Brettern ist schon die Aufforderung der Gewerkschaften zu lesen, sich für „kurzfristige Aktionen“ bereit zu halten. Streiks dürften demnach nicht mehr lange auf sich warten lassen.