Nordkurier im umgestrickten Gewand

Als Vorbereitung auf den kommenden Jahr anstehenden Wechsel auf ein kleineres Format, zeigt sich das Neubrandenburger Blatt in einem neuen Layout. Auch die Internetseite wurde überarbeitet.

Nur bedingt von Interesse: Im neuen Layout des Nordkurier „rutschen" technische Informationen an prominenter Stelle einfach durch. Doch was soll der Leser mit dem Hinweis „nk_titel_internet_anriss“ anfangen?

Der Weg in die angestrebte Zukunft als „Medienhaus“ erweist sich für die Macher des Nordkurier als steinig – dem Leser des Blattes aus Neubrandenburg eröffnet er ungewollte Einblicke ins technische Innenleben: „nk_titel_internet_anriss“, „nk_titel_frei_anriss“ untertitelte man nach dem Wechsel auf das neue Layout tagelang die prominent auf Seite 1 platzierten Infokästen. „Ihr Nordkurier wie Sie ihn kennen, der doch einige behutsame Änderungen bereithält“, wie Chefredakteur Michael Seidel den Lesern versicherte.

Das neue Erscheinungsbild, für das Seidel bereits am ersten Tag „eine tolle Rückmeldung für mehr Übersichtlichkeit“ vermeldete, sei Ergebnis von Leserbefragungen, denen tatsächlich die seltsamen Botschaften geschuldet waren. Denn auch technische Unterstützung holten sich die ostmecklenburgischen Zeitungsmacher, denen in vergangenen Jahren neben einigen Verlagsabteilungen auch die Hauptredaktion abhanden kam, in Gestalt des Readerscan – mit nachdenklich stimmenden Ergebnissen: Offenbar werden vielfach deutlich weniger als ein Viertel der Inhalte gelesen.

Readerscan

Bei der Readerscan-Methode markieren Testleser, die von ihnen genutzten Artikel mit einem Spezialstift. Aus dem von dem Schweizer Carlo Imboden Verfahren ergeben Aussagen, wie häufig bestimmte Beiträge genutzt werden, ob die Leser dem Text bis zum Ende folgen oder vorher „aussteigen“.
Hilft es da wirklich, mehr Diskussionsmöglichkeiten anzubieten, „damit Sie nachvollziehen können, wie andere Leser das Weltgeschehen beurteilen“? Eins ist jedenfalls klar: Mit Leserbriefen – neudeutsch der Rubrik „User Generated Content“ zugeordnet – lassen sich Seiten weitaus kostengünstiger füllen, als mit aufwändiger journalistischer Recherche.

Neuer Anlauf gegen die Ostsee-Zeitung?

Oder gibt es echte redaktionelle Investitionen? In Jarmen öffnet der Nordkurier ein Büro, um im neu gebildeten Landkreis Vorpommern-Greifswald besser präsent zu sein, weitere sollen folgen. Testet der „Vorpommernkurier“ gegen die östlichen Lokalausgaben der Ostsee-Zeitung, nachdem ein vergleichbares Experiment auf Usedom nie zu echten Erfolgen führte?

Lee(h)rstelle: Nachdem der Nordkurier online ausgerechnet auf Flash setzt, bleiben iPad und andere mobile Geräte außen vor.

Die überarbeitete Optik ist zudem eine Vorbereitung des im Frühjahr kommenden Jahres anstehenden Umstellung auf das kleinere Berliner Format. Ab Januar soll die Montage der neuen Maschine auf dem Neubrandenburger Datzeberg beginnen – ab Mai könnte dann der Nordkurier in der gleichen Größe erscheinen wie die Kieler Nachrichten, die einer der drei Gesellschafter sind.

Auch das Internetangebot des Kurierverlages wurde überarbeitet. Ob es freilich von dem durch Chefredakteur Seidel beschworenen „Pioniergeist für eine multimediale Zukunft“ zeugt, dabei ausgerechnet auf das Flash-Format zu setzen? Dessen Unterstützung für mobile Plattformen hat der Anbieter Adobe nämlich just gestrichen – Apples iPad und andere Tablets, die gerade den Online-Markt umkrempeln, bleiben also außen vor.
8. Dezember 2011