Erst kommt die Streicheleinheit, dann die knallharte Erpressung. Nach einem Dankeschön für die jahrelange Mitarbeit, die man hoffentlich weiter fortsetzen könne, kommt der Nordkurier in von den jeweiligen Redaktionsleitern unterschriebenen Briefen an die freien Mitarbeiter ohne Umschweife zur Sache. „Zwingende Voraussetzung für eine freie Mitarbeit in unserem Haus ist ab dem 1. April der Abschluss eines Rahmenvertrages, den Ihnen die Nordost Mediahouse GmbH & Co. KG anbietet“, heißt es in den Anfang bis Mitte März versandten Schreiben.
Das anschließend „Rahmenvereinbarung“ genannte Angebot hat es in sich. Selbstverständlich leite sich daraus „kein Anspruch auf Erteilung eines konkreten Auftrags bzw. auf Abnahme eines bestimmten Auftragsvolumens“ ab. Vorbei auch die Zeiten, wo ein simpler Anruf bei einem Redakteur genügen konnte, um einen der karg honorierten Text- und/oder Fotoaufträge zu erhalten. Nein: „Der freie Mitarbeiter muss, um an der Auftragsverteilung teilnehmen zu können, sich über die Internetplattform ,Nordost-Mediahouse‘ ... zwingend anmelden.“ Auf dort angebotene Aufträge „dürfen“ sich Interessenten bewerben, wer den Zuschlag erhält, wird per E-Mail informiert.
Was aber nicht zwingend heißt, dass nach getaner Arbeit auch Geld im Portmonee klingelt. Nordost-Mediahouse behält sich nämlich vor, „Leistungen aus inhaltlichen qualitativen oder rechtlichen Gründen nicht oder nicht vollständig abzunehmen“. Und für den Fall, dass sich der Recherche-Aufwand als unerwartet groß erweist, sorgt der Nordkurier auch gleich vor. Extra-Geld gibt's nur, wenn „sich die Vertragsparteien über die besondere Honorierung und deren Höhe vor Erstellung der Leistung in Schrift- oder Textform geeinigt haben“. Ein in der Praxis schwer mögliches Unterfangen.
Bliebe noch das Urheberrecht, dem widmet die Vereinbarung gleich eine ganze der insgesamt fünf Seiten, was den Text- und Bildautoren aber herzlich wenig nützt. Sind Texte und Bilder erst einmal an den Nordkurier verkauft, darf der sie nach Belieben verwenden und nach eigenem Gusto bearbeiten und umgestalteten - ohne Extra-Honorar. Ob im Internet, Radio, per SMS-Dienst, für die Werbung auf Plakaten - nichts lässt der Vertrag in Sachen Rechte-Abtretung aus. Selbst „Merchandising-Produkte“ wie T-Shirts und Tassen werden ausdrücklich genannt. Nebenher behält sich das Unternehmen auch noch vor, die Nutzungs- und Verwertungsrechte an Dritte „im In- und Ausland“ weiterzugeben.
So sehr das Unternehmen seine angeblich Freien an die Kette legt,
ihnen fast alle Rechte nimmt, aber reichlich Pflichten aufbrummt - ein
wenig Freiheit wird den Lohnschreibern und -bildnern dann doch gegönnt.
„Er ist nicht in den Arbeitsablauf der Gesellschaft eingebunden und
nicht verpflichtet, sich in Dienstbereitschaft zu halten.“ Wäre es so,
könnte sich nämlich der eine oder andere per Klage eine deutlich
besser bezahlte feste Stelle im Unternehmen erstreiten - da schieben
die Neubrandenburger lieber doch gleich einen Riegel vor.