Nordkurier: Druckmaschine gefeiert – Mitarbeiter gefeuert
Mit einem „Fest der Farben“ will der Nordkurier seine
neue Druckmaschine in Betrieb nehmen. Die Freude über die
11-Millionen-Investition wird jedoch von Kündigungen überschattet. Acht
Mitarbeiter erhalten blaue Briefe, weitere zwölf Stellen sollen
„sozialverträglich“ abgebaut werden.
Hightech auf dem Neubrandenburger Datzeberg: Bis zu 45.000 Zeitungen pro Stunde soll die neue Commander CT des Herstellers König und Bauer drucken, doppelt so viele wie bisher. Dass Nordkurier-Geschäftsführer Thilo Schelsky beim Richtfest in Superlativen schwelgte, versteht sich von selbst. Die Druckmaschine sei die modernste im Land, „ein Meilenstein in der Geschichte der Verlagsgruppe“, zitiert das Fachmagazin „Druckspiegel“ den Chef. Druckerei-Chef Lothar Prehn dankte zugleich auch „unseren Mitarbeitern, die mit Engagement und Verständnis diesen technischen Wandel tatkräftig unterstützt und mitgetragen haben“.
In der Belegschaft ist die Freude über das Versprechen der Leitung, dass die Zukunft des Standortes in den kommenden zwei Jahrzehnten gesichert sei, allerdings getrübt. Dass neue Technik den Abbau von Arbeitsplätzen mit sich bringt, durfte zwar keinen überraschen, war für viele aber trotzdem ein Schock. 20 Stellen fallen weg – davon acht per betriebsbedingter Kündigung, der Rest „sozialverträglich“ durch Altersteilzeit, Eintritt in den Ruhestand oder Auslaufen befristeteter Stellen. Dass die Geschassten Abfindungen erhalten sollen, wie das NDR-Fernsehen im „Nordmagazin“ berichtete, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dürfte den Betroffenen aber auch nur wenig nützen.
Die zwölf Meter hohe und fast 300 Tonnen schwere Maschine soll nicht nur doppelt so schnell wie die alte Technik sein, sondern soll auch die Produktion von gehefteten Druckerzeugnissen sowie den verkleinernden Zuschnitt auf das so genanntes Magazinformat ermöglichen. Verbunden damit ist die Hoffnung, neue Aufträge an Land zu ziehen. Geschäftsführer Schelsky kann sich laut „Druckspiegel“ dann vorstellen, „die Maschine sogar noch zu erweitern und damit Arbeitsplätze zu sichern“.
Woher die Aufträge in der extrem strukturschwachen Region kommen sollen, bleibt abzuwarten. Einen heißen Kandidaten soll es jedoch geben, wie aus Verlagskreisen durcksickerte. Zumindest eine Teilauflage von Mecklenburg-Vorpommerns größtem Anzeigenblatt könnte künftig in Neubrandenburg gedruckt werden. Der „Blitz“, am dem der Nordkurier selbst ebenso wie Ostsee-Zeitung und Schweriner Volkszeitung beteiligt ist, erscheint bereits im kleineren Berliner Format, für das die Druckmaschine ausgelegt ist.
Dies würde auch erklären, warum die Neubrandenburger Verlagsgruppe das Wagnis auf sich nimmt, ihre eigenen Produkte mit der Umstellung auf die neue Technik einer Schrumpfkur zu unterziehen. Noch erscheinen der Nordkurier und das hauseigene Wochenblatt Anzeigenkurier im etwas größeren rheinischen Format – ebenso wie die Schweriner Volkszeitung, mit der sich die Neubrandenburger seit 2009 die Mantelredaktion teilen.
Die personell nicht gerade üppig ausgestattete Gemeinschaftsfirma mv:m, die für beide Blätter die überregionalen Seiten produziert, steht damit vor der Herausforderung, künftig beide Zeitungsformate bedienen zu müssen.
Am 1. Mai soll die erste Ausgabe des neuen, kleinen Nordkuriers auf dem Datzeberg angedruckt werden. Zuvor will das Blatt tagsüber mit seinen Lesern und lokaler Prominenz ein „Fest der Farben“ feiern. Bei dem dürfte der (graue) Neubrandenburger Arbeitsalltag sicher außen vor bleiben.