Voilà, OZ und LN im Einheitslook
Modern, elegant, fast ein wenig kühl kommt das neue Layout daher, mit dem sich Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten jetzt präsentieren. Schöner Schein oder auch Signal für eine Abkehr vom Boulevardkurs?
Bei solcher Kritik rieb sich mancher Redakteur von Ostsee-Zeitung (OZ) und Lübecker Nachrichten (LN) verwundert die Augen. „Kalt wie eine politische Wochenzeitung“ komme die OZ jetzt daher, heißt es in einem am Tag nach der Einführung des neuen Layouts veröffentlichten Leserbrief, ein anderer zieht sogar den Vergleich zum Erscheinungsbild des überregionalen Dickschiffs Frankfurter Allgemeine. Erstaunliche Urteile vor dem Hintergrund, dass die Blätter zuletzt zunehmend in seichten Boulevard-Gewässern segelten, mit „Bild“ und „Bunte“ als unausgesprochenen Vorbildern.
Nun wirkt alles ziemlich edel, elegant, fast ein wenig kühl - die renommierte Berliner Design-Agentur KircherBurkhardt, die bereits Blätter wie Tagesspiegel, Augsburger Allgemeine und Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung aufpolierte, hat unübersehbar ihre Handschrift hinterlassen – OZ und LN optisch auf Seriosität getrimmt. Selbst das vor zwei Jahren von den LN zur OZ importierte und äußerlich wie ein Fremdkörper wirkende „Magazin“ (3. Buch) ist kaum wiederzuerkennen, die knallbunte Optik und ist einer erheblich dezenteren Aufmachung gewichen.
Das Urteil der Leserschaft, zumindest in den von beiden Blättern veröffentlichten Briefen, scheint mehrheitlich positiv, die meisten schrieben, es wäre „schön“, „übersichtlich“, „gelungen“. Bissige Urteile wurden aber auch gedruckt: „Inhaltlich haben Sie sich nicht verbessert.“ „Besser geworden sind nur Gestaltung und Fotos.“
Austausch von Inhalten vereinfacht
Wie es da mit den Blättern weitergeht, ist in der Tat die spannendere Frage. „Mit dem neuen Layout investieren wir in die Zukunftsfähigkeit unserer Zeitungen. Die Kooperation zwischen OZ und LN wird leichter.“ So bringen Geschäftsführer Thomas Ehlers, Redaktionsdirektor Manfred von Thien und die jeweiligen Chefredakteure in mehrfach an die Belegschaften versandter Hauspost des Pudels Kern auf den Punkt, über den sie bei der Ansprache der eigenen Leserschaft kein Wort verlieren.
Nach dem „Redesign“ gleichen sich beide Blätter nun wie ein Ei dem anderen; bei den Premierenausgaben stand sogar ein und das dasselbe Model – in die jeweiligen Zeitungen gehüllt – Pate. „Voilà die neue OZ!“, „Schick, die neue LN!“, steht über der Kusshand, die immerhin eine Rostocker Redakteurin darbieten durfte. Auch sonst trennt die Blätter nun optisch fast nichts mehr. Für die von den Redaktionschefs beschworene unveränderte „inhaltliche Duftmarke“ stehen äußerlich nur noch die verschiedenen Titelköpfe sowie die sich durch die jeweiligen Blätter ziehenden Logos. Wo bei der OZ der altgewohnte Stern (des Nordens) auftaucht, ist dies bei den LN die Möwe.
Nebenbei wurde eine weitere inhaltliche Eigenheit der OZ geschleift - die für jede der zehn Lokalredaktionen selbstständig gestalteten Service-Seiten. Diese wurden nun fast komplett von einem überrregionalen Veranstaltungskalender abgelöst, wie ihn die Leser der LN schon lange kennen. Was an der Trave passen mag, sorgte im Rostocker Pressehaus für erhebliches Bauchgrimmen, sind doch die Entfernungen in Mecklenburg-Vorpommern erheblich größer. Zwar gibt es dafür nun zwei regionale Ausgaben - die eine für Termine von Grevesmühlen bis Barth, die andere von Stralsund bis Ahlbeck -, die räumlichen Distanzen bleiben aber erheblich.
Madsack plant weitere Kooperationen
Der letzte Schritt bei der Vereinheitlichung der Zeitungsproduktion ist das sicher längst noch nicht. Im Madsack-Konzern mehren die Zeichen für eine viel größer angelegte Kooperation der 18 verlagseigenen Titel im Viereck zwischen Marburg, Hannover, Leipzig und Lübeck. Noch im Dezember wolle Konzern-Chef Herbert Flecken einen als „Beauftragten des Verlegers“ bezeichneten „Chef für die Chefredakteure“ inthronisieren, meldet das Branchen-Fachblatt „Werben und Verkaufen“. Ziel wäre eine „Intensivierung“ der Zusammenarbeit zwischen den Madsack-Blättern.
Den Posten dieses „Koordinators“ könnte ein alter Bekannter übernehmen. Im Gespräch dafür ist sei Manfred von Thien, der einst noch zu Springer-Zeiten dazu damit beauftragt wurde, Lübecker Nachrichten und Ostsee-Zeitung auf Einheitskurs zu trimmen.