Medienbericht wirkt wie lästige Pflichtübung
Die Landesregierung in Schwerin hat zum vierten Mal nach 2009, 2010 und
2013 einen Bericht zur Entwicklung der Medienlandschaft in
Mecklenburg-Vorpommern vorgelegt. Und dabei große Defizite bei der
Recherche der erforderlichen Daten und damit der Zusammenstellung des
Berichtes offenbart.
Kurz, knapp und inhaltlich dürr – der Landesmedienbericht 2014 hat gegenüber den Vorgänger-Publikationen deutlich abgespeckt. War die Ausgabe 2013 noch 24 Seiten stark, kommt der aktuelle Bericht mit neun Seiten aus. Bei inhaltlichen Neuerungen beschränken sich die Verfasser auf wenige Änderungen bei Eigentumsverhältnissen. Da wundert es kaum, dass der rot-schwarzen Regierung der als Landtagsdrucksache 6/3728 vorliegende Bericht nicht einmal eine Pressemitteilung wert war.
In der Einleitung der aktuellen Ausgabe heißt es, dass die im Bericht 2013 getroffenen Aussagen „weiterhin Gültigkeit haben“. Und so überwiegen Formulierungen wie „keine signifikanten Veränderungen erkennbar“ oder „neue Zahlen liegen nicht vor“. Hätten die Autoren ihre Hausaufgaben gemacht, sprich gründlich recherchiert, hätten sie nicht nur Veränderungen etwa im Mediennutzungsverhalten ausgemacht, sondern mit wenigen Online-Klicks zum Beispiel auch die Auflagenentwicklung bei den drei Regionalzeitungen – Ostsee-Zeitung, Schweriner Volkszeitung, Nordkurier – herausfinden können. Nach den Zahlen der
Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) lagen die Verluste bei der verkauften Auflage im zweiten Quartal 2014 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zwischen 1669 (Ostsee-Zeitung) und 3420 Exemplaren (Nordkurier). Und dieser Trend setzt sich weiter fort. Bei der Beschäftigungsentwicklung in den Redaktionen der Verlagshäuser begnügt sich der Bericht wie schon bei der Auflage mit dem Hinweis, dass keine neuen Zahlen vorlägen.
Mit keinem Wort erwähnt wird zum Beispiel, dass sich die Redakteure der Ostsee-Zeitung im vergangenen Jahr mit Streiks erfolgreich zur Wehr setzten – gegen die Pläne der norddeutschen Verleger, die Arbeitsbedingungen massiv zu verschlechtern und damit die Qualität infrage zu stellen.
Verschwiegen wird auch, dass das im vergangenen Herbst mit großem Medienrummel gestartete RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) der Mediengruppe Madsack (Hannover), zu der die Ostsee-Zeitung gehört, eine weitere Zentralisierung des Journalismus bedeutet. „Die noch junge Zentralredaktion wird in den nächsten Jahren die überregionale Berichterstattung in wachsenden Teilen Norddeutschlands bestimmen, vom Norden Hessens über Niedersachsen bis nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Von einer vielfältigen Berichterstattung kann in diesen Regionen dann keine Rede mehr sein“, schreibt der Medienwissenschaftler Horst Röper in der Fachzeitschrift „Media Perspektiven“. Mit dem Aufbau des RND dürften zudem die Tage der gemeinsam von OZ und Lübecker Nachrichten (LN) betriebenen Redaktions-Service-Gesellschaft (RSG) gezählt sein. Hier stehen mehr als 20 Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Neben der fortschreitenden Zentralisierung sind im Madsack-Konzern Ausgliederungen, Schließungen, Entlassungen und Tarifflucht an der Tagesordnung. Größter Anteilseigner der Mediengruppe ist die SPD-Medienholding DDVG. Dass der Einfluss des Konzerns auf OZ und Lübecker Nachrichten nach dem dem Anfang Dezember bekannt gegebenen Ausstieg des bisherigen Lübecker Minderheitsgesellschafters deutlich gewachsen ist, steht gleichfalls nicht im Bericht. Nur das geschah wenige Tage nach dem 25. November, laut Bericht „Stichtag der Informationsauswertung“.
Längst bekannt war da hingegen die Schließung der Druckerei der Schweriner Volkszeitung, deren Job 2014 ein zugekaufter tariffreier Betrieb im nahen Wittenburg übernommen hat. Auch das steht für die dramatischen Umbrüche in der Medienbranche, ist den Verfassern des Berichtes jedoch nicht einmal eine Randnotiz wert.
Die Medien-Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern“ fordert den Landtag auf, den im September 2008 gefassten Beschluss ernst zu nehmen, nach dem die Landesregierung ab 2009 jährlich einen Medienbericht vorlegen soll. Bei der Erstellung sollte wissenschaftlicher Sachverstand einbezogen werden. Zudem machen sich die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), der Landesverband MV des Deutschen Journalisten-Verband es (DJV) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) als Träger der Initiative für eine öffentliche Anhörung im Innenausschuss wie schon im Dezember 2010 stark. Gleichzeitig erinnert die Medien-Initiative erneut daran, endlich die überfällige Überarbeitung des Landespressegesetzes in Angriff zu nehmen.
Die Medienberichte für
2014 und
2013 sind über das Internet abrufbar.