Madsack zentralisiert lokales Digital-Geschäft
Die Online-Angebote der Ostsee-Zeitung und aller anderen Titel des
Konzerns aus Niedersachsen sollen künftig von einer Gemeinschaftsredaktion produziert werden. Die „Digital-Offensive“ hat für die Verlage eine bittere Kehrseite: Während in Hannover personell aufgestockt werden soll, verlieren die Redaktionen vor Ort weitere Stellen.
Kollektivierung à la Madsack: Die Chefetage des Konzerns aus Hannover, dessen größter Einzelgesellschafter die SPD-Medienholding ddvg ist, will regionale Digitalangebote wie Ostsee-Zeitung.de künftig zentral an der Leine produzieren lassen. Dazu soll in den kommenden Monaten eine Gemeinschaftsredaktion namens „Digital Hub“ mit 70 Stellen eingerichtet werden.
Konzern-Chef Thomas Düffert, bislang vor allem bekannt als Autor des Spar- und Personalabbaukonzepts „Madsack 2018“, spricht von einem „Investitionsprogramm“ und verkündet hochfliegende Pläne. Man strebe eine führende Position unter den deutschen Nachrichtenportalen an. Während Madsack bisher vor allem mit den Angeboten seiner Regionalverlage Reichweite erzielte, will man online künftig gerne in der Liga von „Spiegel“, „Welt“ & Co. mitspielen.
Kehrseite der Medaille: Die Redaktionen vor Ort werden personell erneut geschwächt. Denn knapp die Hälfte der 70 Stellen wird innerhalb des Konzerns nach Hannover umgeschichtet – weg von den regionalen Titeln, die künftig nur noch einen „Verbindungsmann“ zur künftigen Online-Kommondozentrale in Form eines zusätzlichen Chefs vom Dienst haben sollen. Ein weiterer Schlag für Verlagsstandorte wie Rostock und Lübeck, denen 2016 im Zuge von „Madsack 2018“ ein Viertel bzw. ein Drittel der redaktionellen Stellen gestrichen wurden. „Die regionalen Titel werden mehr und mehr zu Filialen des Hannoveraner Konzerns abgestuft“, bringt es der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) auf den Punkt.
Madsack beschwichtigt in gewohnter Weise: Natürlich behielten die Chefredaktionen der einzelnen Titel die journalistische Hoheit, heißt es, der „Digital Hub“ sei ein reiner Dienstleister. Die Realität dürfte anders aussehen, das lehrt das Beispiel des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) bei gedruckten Ausgaben: Sind die Ressourcen vor Ort erst einmal abgebaut, fehlt häufig schlicht die Kraft, den „Angeboten“ aus Hannover etwas Eigenes entgegen zu setzen.
Erschwerend kommt hinzu, dass der „Hub“ – der Begriff beschreibt in der Technik einen Netzwerkknoten, der eingehende Signale an alle Empfänger einfach weiterleitet – eine Doppelfunktion haben wird. Er soll neben den regionalen Portalen, Apps und sonstigen Aktivität auch die Plattform „RND.de“ bedienen, mit der Madsack verstärkt im nationalen Nachrichtengeschäft mitmischen will. Verantwortet wird diese Strategie von RND-Chefredakteur Wolfgang Büchner, im Madsack-Sprech „Chief Content Officer“, der nach seinem Abgang beim „Spiegel“ und einem Zwischenspiel beim Schweizer „Blick“ Anfang 2017 zu Madsack wechselte.
Ob der Spagat zwischem Streben nach nationaler Größe und Sicherung des regionalen Kerngeschäfts der mit dem Slogan „Herzschlag unserer Heimat“ werbenden Mediengruppe gelingt, ist offen. Mit der immer weiter auf Zentralisierung und Vereinheitlichung der Angebote der Titel zwischen Rostock und Göttingen, Hannover und Leipzig wächst das Risiko, dass die Verankerung vor Ort bröckelt.
Unklar ist auch, wieweit es Madsack gelingt, die derzeit auf den Online-Stellen der Regionalverlage beschäftigten Redakteure nach Hannover zu „motivieren“. Sollten die Nein sagen, so die Antwort auf eine entsprechende Frage des Branchenportals meedia.de, bestehe kein Grund zur Beunruhigung. „Wir planen keine Kündigungen.“