Madsack stellt lokales Kerngeschäft in Frage
Radikaler Sparkurs des Konzerns mit Beteiligung der SPD-Medienholding DDVG: Wie lange berichten die Blätter der Gruppe, zu der die Rostocker Ostsee-Zeitung gehört, noch aus allen
Orten ihrer Verbreitungsgebiete?
Bei der Ostsee-Zeitung (OZ) wie den anderen Blättern des Madsack-Konzerns (Hannover) drohen offenbar weitere Einschnitte in die journalistische Substanz. Das geht aus internen Papieren hervor, aus denen der Konzernbetriebsrat der Mediengruppe in einer aktuellen Veröffentlichung zitiert. Demnach haben die Chefredakteure der 18 Titel auf einer internen Beratung etwa die Frage „Wie sichern wir den Informationsfluss ab, wenn wir nicht (mehr) in allen Orten/Kreisen vertreten sind?“ diskutiert.
Den alarmierten Arbeitnehmervertretern bestätigte Konzern-Personalchef Adrian Schimpf: „Überall werden wir Strukturen schaffen, wo wir mit weniger Mitarbeitern auskommen werden.“ Jan Emendörfer, Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung (LVZ) und vormals der OZ, sekundierte: „Wir werden uns aus der Fläche zurückziehen, wenn es wirtschaftlich notwendig ist.“ Die nötigen Voraussetzungen werden dafür in Sachsen bereits geschaffen: Ein zentraler „Regiodesk“ soll künftig alle Lokalausgaben an einem Ort produzieren.
Die neuen Töne markieren einen abrupten Wechsel in der Strategie des Firmenverbundes, dessen größter Eigentümer die SPD-Medienholding DDVG ist: Bislang sollte das vom neuen Konzernlenker Thomas Düffert lautstark verkündete Programm „Madsack 2018“ angeblich eine Zentralisierung vorantreiben, um Ressourcen für das „lokale Kerngeschäft“ freizumachen. Nun geht es offenbar genau diesem Bereich an den Kragen.
Die angeblichen Zukunftsvisionen der 46-jährigen Managers, der erst im vergangenen Jahr das Steuer der Mediengruppe von Vorgänger Herbert Flecken offiziell übernahm, entpuppen sich als Griff in die Mottenkiste der Radikal-Kostensenkung: Schließungen, Entlassungen, Ausgliederungen und Tarifflucht sollen offenbar die nach diversen, millionenschweren Zukäufen in den vergangenen Jahren strauchelnde Madsack-Gruppe wieder stabilisieren.
Fokussiert ist der angebliche Wettbewerb um das beste Konzept auf den Standort Hannover. Immer mehr Aufgaben werden am Sitz der Konzernzentrale konzentriert. Zwar können etwa die OZ und ihre Schwesterzeitung Lübecker Nachrichten (LN) auf deutlich geringere Auflagenverluste verweisen als die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) oder die Neue Presse (siehe Tabelle) Dennoch wird jetzt auch das zentrale Vertriebsmarketing in Niedersachsens Landeshauptstadt angesiedelt, während die Mitarbeiter in Rostock und anderer Madsack-Standorte um ihre Jobs bangen müssen.
Top
Entwicklung der Druckauflagen ausgewählter Madsack-Titel
Titel
|
Auflage 2009
|
Auflage 2013
|
Veränderung in %
|
Hannoversche Allgemeine
|
592 501
|
549 868
|
-8,7
|
Leipziger Volkszeitung
|
247 693
|
226 380
|
-8,6
|
Lübecker Nachrichten
|
116 973
|
108 775
|
-7,0
|
Ostsee-Zeitung
|
165 024
|
155 492
|
-5,8
|
Quelle: IVW, jeweils Auflage IV. Quartal