Madsack löst Geschäftsleitung in Rostock und Lübeck ab
Der Medienkonzern aus Hannover trennt sich vom langjährigen
OZ- und LN-Geschäftsführer Thomas Ehlers und präsentiert
eine überraschende Nachfolgelösung: Stefanie Hauer, bisher Verlagsleiterin bei Deutschlands größter Wochenzeitung in Hamburg, soll nun die Blätter auf die gewünschte Linie bringen.
Thomas Ehlers (54), der seit 2002 die Lübecker Nachrichten (LN) und seit 2006 auch die Ostsee-Zeitung geleitet hatte, ist nicht mehr Geschäftsführer beider Verlage. Wie die Gesellschafter, Thomas Düffert für die Mediengruppe Madsack und Christian Heinrich für die Kieler Nachrichten, den Führungskräften und Betriebsräten in einem kurzfristig anberaumten Treffen mitteilten, sei der Manager mit sofortiger Wirkung abberufen worden.
An seine Stelle tritt Stefanie Hauer, bislang Verlagsleiterin bei der „Zeit“ (Hamburg). Bis die 42-Jährige bei ihrem neuen Arbeitgeber anfangen kann – voraussichtlich im Herbst – werden Konzern-Personalchef Adrian Schimpf und Günter Evert (Konzernbereichsleiter Mitte) die Geschäfte an Trave und Warnow führen. In Rostock bleibt zudem Rainer Strunk in der Chef-Etage.
Auf Hauer setzen die Gesellschafter, die sich durch den
Kauf der Anteile der vom Alt-Herausgeber kurz vor seinem Tod 2006 gegründeten Jürgen-Wessel-Stiftung im Dezember die Macht bei LN und OZ gesichert hatten, offenbar große Hoffnungen. Sie gilt als eine der Architektinnen des Erfolges der Wochenzeitung „Zeit“, die gegen den Branchentrend sowohl bei Auflage als auch Umsatz in den letzten anderthalb Jahrzehnten deutlich zulegen konnte:
2000
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2005
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2010
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2015
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447 000
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465 000
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503 000
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505 000
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Verkaufte Auflage laut IVW, jeweils I. Quartal, gerundet
Auf so eine spektakuläre Erfolgsstory kann Ehlers zwar nicht verweisen, doch seine Bilanz kann sich ebenfalls sehen lassen: Bei LN (Auflage: 99 000 Exemplare) und vor allem OZ (Auflage: 140 000) sprudeln die Gewinne. Die letzte veröffentlichte Bilanz weist für Rostock einen Überschuss von 6,4 Millionen Euro aus; beide Verlage zusammen lieferten unterm Strich 8,3 Millionen Euro ab. Auch die Auflagenentwicklung ist im Vergleich zu anderen Regionalblättern trotz leichter Rückgänge außergewöhnlich stabil.
Das aus diesen Zahlen und der Unterstützung der Wessel-Stiftung erwachsende Selbstbewusstsein des hemdsärmligen Managers missfiel den Konzernlenkern an der Leine schon länger. Spätestens mit der Verkündung des Umbau- und Sparprogramms „Madsack 2018“ wurde die Konfrontation offensichtlich.
Bereits Ende 2013 meldete ein Branchenmagazin den Abgang von Ehlers – allerdings wurde er zu diesem Zeitpunkt nur als Leiter des Konzernbereichs Nord geschasst. Auftakt für eine schleichende, stetig mit neuen Abschiedsgerüchten befeuerte Demontage des in Hannover wenig gelittenen, von den Mitarbeitern im Norden allen Konflikten zum Trotz aber respektierten Managers. Bei der
Einweihung der Madsack-Zentralredaktion RND in Hannover ein Jahr später stand Ehlers schon im Abseits – obwohl er doch mit der 2008 in Lübeck installierten Redaktions-Service-Gesellschaft (RSG) dafür eine Art Blaupause geliefert hatte.
Wachsende Sorge um Zukunft der Mantelredaktion RSG
Die Zukunft der RSG scheint nun endgültig ungewiss, denn aus ihrem Ziel, mit weiteren Zentralisierungsschritten vermeintliche Synergien innerhalb des Konzerns zu heben, machen die Gesellschafter keinen Hehl – und diese Vorgabe haben sie ihrer neuen Managerin an der Küste, die offenbar erst unmittelbar vor Bekanntgabe der neuen Aufgaben ihre bisherigen Stellung gekündigt hatte, gewiss gemacht.
Das wird kein einfacher Job: Der Sprung vom renommierten nationalen Wochenblatt in der Großstadt Hamburg zum kleinteilige Regionalzeitungsgeschäft in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ist gewaltig. Die Einsparmöglichkeiten in den bereits stark durchoptimierten Häusern sind eher gering; die Belegschaften in den großteils tarifgebundenen Betrieben selbstbewusst und kampferprobt.
In einer Hinsicht sorgt die Personalie auf jeden Fall für frischen Wind. Frauen suchte man in den Führungsetagen und Rostock und Lübeck zuletzt vergeblich.