Ab Anfang 2010 hält nur noch eine Minimalmannschaft die Redaktion in Rostock aufrecht.
Alles richtig gemacht und trotzdem abserviert? Der achtköpfigen Rostocker Lokalredaktion von Springers Bild steht ein bitterer Kehraus bevor, obwohl sich das Boulevard-Blatt in Deutschlands Nordosten zuletzt beachtlich geschlagen hat. Mit einer verkauften Auflage von 102 442 Exemplaren im dritten Quartal 2009 liegt Bild im Land mittlerweile auf Platz 2 - hinter der Ostsee-Zeitung, aber deutlich vor Schweriner Volkszeitung und Nordkurier.
Doch nun fährt der Springer Konzern, der gerade mal wieder glänzende Geschäftszahlen meldete, sein Engagement in Mecklenburg-Vorpommern drastisch zurück: Ab Januar 2010 soll es hier keine täglich erscheinende Regionalseite mehr geben, wie der Branchendienst Kress meldet. Gleiches sei für die Ausgaben Chemnitz, Magdeburg, Mainz und Mannheim geplant. Die Erklärung eines Unternehmenssprechers dazu klingt wie eine Ohrfeige für die „Provinz“: Eine lokale Seite für die genannten Ausgaben erscheine nur noch dann, wenn die entsprechenden Nachrichten die „nötige bundesweite Relevanz“ hätten. Lediglich der Sport soll weiter in der regional zugeschnittenen Form präsentiert werden.
Über den Umfang des geplanten Personalabbaus machte das Unternehmen bisher keine Angaben, doch es zeichnet sich ein dramatischer Einschnitt ab. Laut Süddeutscher Zeitung sollen bundesweit bei Bild etwa 30 Arbeitsplätze wegfallen, darunter aber auch einige Stellen in Berlin. Übrig bleiben an den ungeliebten Außenstandorten nach den anstehenden Kündigungen wohl nur noch zweiköpfige Rumpfbesatzungen, wie Arbeitnehmervertreter berichten. In Rostock sollen künftig ein fest angestellter Redakteur und ein „fester freier“ Mitarbeiter den Laden allein schmeißen.
Auf der Strecke bliebe damit der letzte Rest von journalistischem Wettbewerb im nordostdeutschen Tageszeitungsgeschäft. War Bild bei Boulevard- und Kriminal-Geschichten der Konkurrenz der alteingesessenen Regionalblätter bisher oft eine Nasenlänge voraus, dürften deren Chefredakteure künftig wohl ruhiger schlafen. Für den Deutschen Journalisten-Verband (DJV) keine gute Nachricht: „Die geplanten Veränderungen würden auf weniger Meinungsvielfalt auf regionaler Ebene hinauslaufen“, bringt es DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken auf den Punkt.
Die Oberen bei Bild setzen derzeit aber ganz andere Prioritäten.
Chefredakteur Kai Diekmann plane ein Redaktionsbüro in Brüssel, heißt
es aus der Springer-Zentrale. Und man investiere in anderen Bereichen
wie der Nachrichtenübermittlung aufs Handy („Mobil“) und kleinen
Internetfilmen („Bewegtbild“).