Nach der Kooperation ist vor der Fusion: Mit den neuen
Plänen zum Zusammengehen von Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten
gewinnt das Projekt eine über beide Verlage hinaus reichende Dimension.
Die Gemeinschaftsredaktion soll weitere Zeitungen im Norden mit
Einheitsseiten beliefern.
Die Mitglieder der gemeinsamen Verhandlungskommission der betrieblichen Tarifkommissionen von Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten staunten nicht schlecht: Sie wollten Verhandlungen führen, um die Bildung von zwei Gemeinschaftsunternehmen zwischen Lübecker Nachrichten und Ostsee-Zeitung zu regeln. Doch ihnen wurde ein verändertes Projekt präsentiert: Bis Anfang 2010 könnten nun die beiden Zeitungshäuser, die unter dem beherrschenden Einfluss des Springer-Konzerns stehen, fusionieren, Arbeitstitel „Ostsee-Verlag“.
Zuvor soll dennoch eine neue Firma gegründet werden - wenn möglich zum 1. April dieses Jahres. In diese Mantel GmbH & Co. KG würden allerdings – anders als vor wenigen Wochen angekündigt – nur 30 bis 35 Redakteure wechseln und nicht alle Journalisten beider Häuser. Die ausgegliederte Mannschaft wird, wenn es nach dem Konzept der Geschäftsleitung geht, aus Lübeck Mantelseiten für Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten liefern.
Zunächst. Denn bereits zum Jahresende will man auf Akquise-Tour durch die benachbarten Verlage gehen, um sie von den Vorzügen der redaktionellen Einheitskost zu überzeugen. Auf der Liste der potenziellen Partner dürften die Kieler Nachrichten ebenso stehen wie deren Beteiligung Nordkurier, die gerade auf einen rigiden Sparkurs getrimmt wird.
Betriebswirtschaftlich könnte sich der Ostsee-Verlag rechnen. Angesichts stagnierender Leserzahlen und Anzeigenumsätze sucht die Verlagswelt händeringend nach neuen Geschäftsmodellen, um die Renditen zu sichern und weiter zu optimieren. Die internen Rationalisierungspotenziale sind weitgehend ausgeschöpft, durch Fusion und Kooperation sollen vor allem die Personalkosten weiter gedrückt werden. Allein durch die Zusammenlegung von Lübecker Nachrichten und Ostsee-Zeitung droht der Verlust von 200 Arbeitsplätzen im strukturschwachen Norden – wenn auch „sozial verträglich“ abgebaut.
Für Qualität und Vielfalt der Presse ist dieser Kurs höchst
gefährlich: Am Ende droht ein journalistischer Einheitsbrei zwischen
Kieler Förde und Vorpommern, der Leser eher verschrecken als anziehen
dürfte.