Betriebsräte kritisieren Springers Verkaufspläne

Mit Nachdruck haben sich die Betriebsräte des Springer-Konzerns auf ihrer jährlichen Versammlung gegen die Pläne des Vorstands zum Umbau der Verlagsgruppe gewandt. Diese sehen unter anderem den Verkauf der Regionalzeitungen wie der Ostsee-Zeitung vor.
   

Der amtierende Vorsitzende des Konzernbetriebsrates, Detlef Schütz (Ostsee-Zeitung), ging in seinem Bericht vor dem aus rund 100 Betriebsräten und 40 Vertretern der Springer-Leitung besetzten Plenum kritisch auf die Vorhaben zum Umbau des Verlags ein. „Wo steuern Sie, Dr. Döpfner die Yacht Springer hin? Wen behalten Sie an Bord und wen lassen Sie wann ertrinken?“, fragte er mit Blick unter anderem auf die Pläne, die Beteiligungen an Regionalverlagen wie der Ostsee-Zeitung, den Lübecker und Kieler Nachrichten sowie der Leipziger Volkszeitung an den Madsack-Verlag zu verkaufen. „Die Beteiligungen an den Regionalzeitungen haben Ihnen über viele Jahre einen stetigen Geldstrom in die Kassen gespült. Das alles ist wahrscheinlich nicht mit den Gewinnmargen an der Börse vergleichbar, aber es ist ein dauerhafter, kontinuierlicher Strom.“

Eingehend auf den massiven Personalabbau der vergangenen Jahre und die Pläne zum Einsparen eines weiteren Viertels der Belegschaft kritisierte Schütz die Pläne im Namen aller Interessenvertretungen des Konzerns nachdrücklich: „Erst wurden wir ausgequetscht wie Zitronen und landen nun auf den Grabbeltischen im Ausverkauf, werden entlassen in eine unsichere Zukunft.“ Der Vorstand müsse sich  etwas Besseres einfallen lassen, als das, was alle anderen im Moment an den Börsen täten, nämlich schnell verkaufen. Es sei nicht der richtige Weg, sich durch schnelle, unüberlegte Transaktionen Geld für die nächsten gewagten Abenteuer im Ausland, im Online- oder Fernseh-Geschäft zu verschaffen.

Jährliches Treffen der Interessenvertretungen

Einmal pro Jahr treten alle Betriebsräte der Springer Medien-Gruppe zu einer mehrtägigen Klausur zusammen, an denen zeitweilig auch der Vorstand teilnimmt. Das Forum dient zur Diskussion über die Entwicklung der Axel Springer AG und ihrer zahlreichen Tochtergesellschaften.

Die gemeinsamen Interessen der Beschäftigten in den verschiedenen Betriebsstätten der Muttergesellschaft werden durch einen Gesamtbetriebsrat vertreten. Dieser entsendet ebenso wie die Gremien der Beteiligungen Delegierte in einen Konzernbetriebsrat.

Seit langen wird das Ziel verfolgt, auch die Beschäftigten der ausländischen Springer-Firmen, darunter Regionalverlage in Ungarn, in das System der Interessenvertretung einzubeziehen durch die Gründung eines Europäischen Betriebsrates.

Vorstandschef Döpfner bestätigt Verkaufspläne

Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner bestätigte in seiner Antwort Verhandlungen über den Verkauf der Regionalblätter. Zum augenblicklichen Stand der Gespräche wollte er allerdings keine Angaben machen.

Zuvor hatte der Konzernbetriebsrat auch den Verlust an publizistischer Qualität gerügt. Die Ostsee-Zeitung, 1992 noch zur „Europäischen Zeitung“ für ihr frisches Layout gekürt, sehe sie heute bereits wie die „Lübecker Ostsee-Nachrichten“ aus: „Mit fortschreitender Fusion der beiden Regionalverlage wird der von den Kollegen befürchtete Vereinigungsbrei immer augenscheinlicher.“

Beklagt wurde außerdem, dass es innerhalb der Medien-Gruppe eine Zwei-Klassen-Gesellschaft gebe: Zahlreiche Betriebsvereinbarungen, die für die Springer AG abgeschlossen wurden, würden nicht auf Tochtergesellschaften übertragen. Dazu zählt unter anderem das Rationalisierungsschutz-Abkommen, das einen verantwortungsvollen Umgang bei technologischen und sonstigen Veränderungen festschreibt und  Kündigungen weitgehend ausschließt. Ebenso unverständlich sei die zögerliche Haltung bei der Schaffung eines europäischen Betriebsrates, für einen seit langem über die Grenzen Deutschlands hinaus agierenden Konzern.

21. November 2008