Journalistische Kompetenz in Mecklenburg-Vorpommern: Für seine Kolumne „Hinterm Zaun - Notizen aus Heiligendamm“ wurde OZ-Chefredakteur Jan Emendörfer, damals noch Stellvertreter, mit dem vom DGB, der Heinrich-Böll-Stiftung und der Landeszentrale für politische Bildung vergebenen Medienpreis „Sophie“ ausgezeichnet. Unter Überschriften wie „Wanzen im Wald“ hatte Emendörfer, der selbst in dem Seebad lebt, den tagtäglichen Wahnsinn mit Polizeikontrollen, Überwachungskameras und Sprengstoffhunden pointiert und unterhaltsam beschrieben.
Pluspunkte heimste das Blatt von der Küste auch bei den damaligen Demonstranten ein. Die G8-Kritiker gaben der OZ laut einer jetzt veröffentlichten Studie des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) die positivsten Bewertungen von insgesamt elf Zeitungen und Magazinen, während die BILD-Zeitung die schlechtesten Noten erhielt.
Die Bilanz der Forscher, die insgesamt 1165 Artikel aus FAZ, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Welt, BILD, taz, Zeit, Spiegel, Focus, Neue Osnabrücker Zeitung und Ostsee-Zeitung auswerteten, fällt für die Medien insgesamt allerdings alles andere als schmeichelhaft aus.
Das Gebot, sach- und faktenorientiert zu berichten, sei immer wieder massiv verletzt worden, so die Bilanz der Soziologen. Vor allem in Konfliktsituationen sei es zu schweren handwerklichen Fehlern gekommen, die nicht als Betriebsunfälle gelten können, sondern systematische Mängel in der Nachrichtenproduktion offenbaren. Das zeigten die Falschmeldungen über den angeblichen Kriegsaufruf eines Demonstrationsredners, über Säureattacken oder über Hunderte von verletzten und Dutzende schwerverletzter Polizisten.
Die Studie wurde als Buch beim Campus-Verlag in Frankfurt am Main
veröffentlicht. Titel: „Nur Clowns und Chaoten? Die G8-Proteste in
Heiligendamm im Spiegel der Massenmedien“. Herausgeber sind Dieter
Rucht und Simon Teune.