Streikende vor dem Hotel „Radisson“ in der Innenstadt von Rostock.
Warnstreik begleitet Neujahrsempfang der OZ
Die Mitarbeiter des Blattes protestieren bei einer spontanen Kundgebung vor dem Rostocker „Radisson“ gegen die drastischen Sparpläne des Madsack-Konzerns.
Ministerpräsident Erwin Sellering bei den Streikenden.
Die zum Neujahrsempfang der Ostsee-Zeitung (OZ) geladenen Gäste treffen vor dem Hotel „Radisson“ in der Rostocker Innenstadt auf die streikenden Beschäftigten des Blattes. Die Gewerkschaften ver.di und DJV haben am Freitagvormittag zu einem befristeten Ausstand aufgerufen, um ihren Forderungen in den laufenden Tarifverhandlungen zur Standort- und Beschäftigungssicherung Nachdruck zu verleihen. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) informiert sich bei der spontan anberaumten Kundgebung ebenso wie Vertreter der Opposition, darunter Helmut Holter (Linke) und Jürgen Suhr (Grüne), über den Konflikt bei der größten Tageszeitung des Landes (aktuelle Auflage: 143 000 Exemplare), bei der ein Viertel der Redaktion abgebaut werden soll.
Die Situation ist dann auch Gesprächsthema beim Empfang selbst, an dem unter anderem Madsack-Konzernchef Thomas Düffert teilnimmt. Regierungschef Sellering mahnt in seiner Grußadresse zu konstruktiven Lösungen mit der Belegschaft und unterstreicht die große Chance der Regionalpresse für die demokratische Gesellschaft: Sie müsse vor Ort präsent bleiben.
Die Auseinandersetzung spitzt sich weiter zu, nachdem die Geschäftsleitung des zum Madsack-Konzerns gehörenden Titels zuletzt einen von den Gewerkschaften geforderten generellen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen abgelehnt hatte und nur im Einzelfall über Beschäftigungssicherung verhandeln will. Die Absicht, verbindliche Besetzungsregelungen für die Redaktionen festzuschreiben, um Mitarbeiter vor Überlastungen zu schützen und damit die Qualität der Berichterstattung zu sichern, erklärte das Management für nicht verhandelbar. Die Forderung nach Mindestabfindungen bei freiwilligem Ausscheiden sind ebenfalls umstritten. Auch dem Betriebsrat ist es bisher nicht gelungen, die Leitung zu Abstrichen von ihren drastischen Stellenabbau-Plänen zu bewegen.
Helmut Holter (Linke).
Selbst wenn der größtenteils über Altersteilzeit vollzogen werden soll, drohen weiter Kündigungen. Auch im Verlagsbereich sind noch nicht näher konkretisierte Maßnahmen angekündigt worden. Befürchtet wird – dem Beispiel anderer Titel der Mediengruppe mit Stammsitz Hannover folgend – der Verlust qualifizierter Arbeitsplätze im Nordosten durch Zentralisierung von Aufgaben, Ausgliederungen in tariflose Firmen und weiteren Personalabbau.
Ihre Bedenken gegen den rabiaten Sparkurs hatten die Arbeitnehmervertreter laut einer Belegschaftsinformation bei einem Treffen mit Ministerpräsident Sellering in der Schweriner Staatskanzlei vorgetragen. Sie verwiesen auf die Millionengewinne der OZ und die große Erfahrung beim Bewältigen von Veränderungen. Dies zeigt sich unter anderem an dem im deutschlandweiten Vergleich sehr geringen Auflagenrückgang der letzten Jahre.
Die Kritik des Betriebsrates: Statt auf diese Erfolge aufzubauen, gefährdet der Madsack-Konzern, dessen größter Einzelgesellschafter die SPD-Medienholding ddvg ist, das Erreichte durch sein hartes Sparprogramm.
Die Gespräche zwischen Leitung und Betriebsrat werden Ende Februar fortgesetzt. Ein Termin für weitere Tarifverhandlungen ist noch nicht bekannt.