Botschaft angekommen: Die Debatte über Qualität und Vielfalt in den Medien wird nun im Schweriner Landtag geführt.
Drastischer Personalabbau bei der Schweriner Volkszeitung, Tarifflucht und Zerschlagung des Nordkuriers in viele kleinen Firmen, der zunehmende Einfluss der Lübecker Nachrichten auf die Ostsee-Zeitung – bei der von der Linkspartei beantragten aktuellen Stunde des Landtags in Schwerin kam alles auf den Tisch, was sich derzeit hinter den Kulissen der Presse in Mecklenburg-Vorpommern abspielt. Die Entwicklung gebe Anlass zur Sorge um die Pressevielfalt, die Qualität der Berichterstattung und die Bewahrung regionaler Identität, so Wolfgang Methling, Vorsitzender der Fraktion.
Er fand auch sonst klare Worte. „Wir unterstützen die Reform des Landespressegesetzes.“ Es gelte die innere Pressefreiheit in den Redaktionen zu stärken und die Besitzverhältnisse der Verlage transparenter gestalten. Die Medien spielten eine zentrale Rolle in der Demokratie, so Methling. „Lassen Sie uns ein deutliches Zeichen setzen: Unser Land braucht seine Zeitungen.“
Dass anschließend Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) selbst
das Wort ergriff, unterstrich die Brisanz der Debatte. Es sei nicht die
Aufgabe der Politik, sich in unternehmerische Entscheidungen
einzumischen, gab der Sozialdemokrat zunächst kontra. Allerdings
müssten neben den wirtschaftlichen Interessen auch die Interessen der
Mitarbeiter und Leser „angemessen bewahrt“ werden. Nur so lasse sich
die Pressevielfalt erhalten.
Mit seinem Brief an die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat ver.di-Landesbezirks-Vorsitzender Rüdiger Timmermann die Notwendigkeit unterstrichen, das Pressegesetz Mecklenburg-Vorpommerns zu überarbeiten. „Die ,vierte Gewalt‘ kann ihre wichtige Aufgabe für unsere demokratische Gesellschaft nur wahrnehmen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, heißt es in dem Schreiben. „Publizistische Qualität und Vielfalt brauchen neben den materiellen Voraussetzungen eine Kultur des Dialogs. Diese zu fördern und ihr einen festen Rahmen zu geben, sehen wir als Ziel.“
Im Namen von ver.di und den anderen Partnern der Initiative „Unser
Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern.“ ruft er
die Abgeordneten aller Fraktionen zum Handeln auf. „Durch eine
Überarbeitung des Landespressegesetzes können Sie einen wichtigen
Beitrag leisten, um Rahmenbedingungen für die Medien in
Mecklenburg-Vorpommern dauerhaft zu verbessern:
Transparenz herzustellen über die wirtschaftlichen Verflechtungen ist ein Gebot der Stunde.
Publizistische Qualität und Vielfalt brauchen neben den materiellen Voraussetzungen eine Kultur der Mitsprache und Mitwirkung. Diese zu fördern und ihr einen festen Rahmen zu geben, sehen wir als Ziel für eine Novellierung des Landespressegesetzes.
Um das öffentliche Bewusstsein für die Medien zu fördern, bedarf es einer ständigen Beachtung des Themas durch die Politik, etwa durch einen regelmäßigen, wissenschaftlich begleiteten Bericht zum Stand der Pressefreiheit.“
CDU-Fraktionschef Armin Jäger wies zuerst die Vorschläge der Linkspartei scharf zurück. Die Zeitungen müssten nun einmal als Wirtschaftsunternehmen agieren. „Dass es publizistischer Vielfalt und redaktionellen Inhalten an den Kragen geht, kann ich nicht glauben.“
Allerdings: Auch die Christdemokraten wollen sich jetzt des Themas annehmen. Ebenso wie Methling forderte Jäger eine Anhörung im Innenausschuss. Dieser dürfte nach den Mehrheitsverhältnissen in Schwerin damit nichts mehr im Wege stehen.
Nur für die FDP scheint die Welt bei den Medien noch so richtig in Ordnung. Die strikte Trennung zwischen Geschäftsführungsbereich und Chefredaktionen funktioniere, so Fraktionschef Michael Roolf. Der Politiker griff Argumentationsmuster der Verleger, wenn er zur Kooperation von Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten bilanziert: „Es ist egal, ob der Schreibtisch eines Redakteurs in Lübeck oder Rostock steht.“
Das sah Reinhard Dankert von der SPD-Fraktion völlig anders: „Gute Journalisten müssen vor Ort sein.“ Die Eigenständigkeit der Ostsee-Zeitung sei durch das Kooperationsprojekt sehr wohl gefährdet. „Die Zeitung der Zukunft, wie sie manchem Zeitungsmanager vorschwebt, wird das Land und seine Regionen nicht mehr so abbilden können, dass die Menschen sich darin wieder finden können.“
Die Gewerkschaft ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband
werteten die Aktuelle Stunde als wichtiges Signal. „Das Bewusstsein für
die Bedeutung der Tageszeitungen und ihre Probleme ist offenbar
gewachsen. Daraus muss jetzt konkretes politisches Handeln werden, um
die notwendigen Rahmenbedingungen für guten Journalismus zu schaffen“,
erklärte Rüdiger Timmermann vom ver.di-Landesbezirk Nord. Er hatte sich
zuvor noch einmal in einem Brief an die Partei und
Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien im Schweriner Landtag
gewandt und die Bedeutung einer Überarbeitung des Landespressegesetzes
bekräftigt (siehe rechts).