OZ-Mitarbeiter appellieren an SPD: Es geht um Existenzen
Unerwarteter Besuch beim Landesparteitag der Sozialdemokraten in Stralsund: Mitarbeiter von Mecklenburg-Vorpommerns größter Tageszeitung erinnern die Genossen an ihre Beteiligung am Madsack-Konzern, der gerade ein hartes Sparprogramm an der Küste durchsetzen will.
Auf dem Parteitag in Stralsund.
Für viele Delegierte und Besucher des Sonderparteitags der SPD in Stralsund waren das unbekannte Fakten: Über ihre Medienholding ddvg sind die Genossen der bedeutendste Einzelgesellschafter der Mediengruppe Madsack aus Hannover, die bei der ihr gehörenden Ostsee-Zeitung (OZ) massive Personaleinsparungen vornehmen will.
Der Abbau jeder vierten Stelle in der Redaktion läuft, als nächstes hat das niedersächsische Management Einsparungen im Verlagsbereich ins Auge gefasst. So fasste Christoph Hohlfeld, Mitglied der ver.di-Tarifkommission und Betriebsrat, vor den mehr als 100 Teilnehmern der Konferenz, die über den Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU entschied, die aktuelle Lage zusammen. Er machte klar, dass dieses Kahlschlag-Konzept bei Mecklenburg-Vorpommerns größter Tageszeitung nicht von wirtschaftlicher Notwendigkeit diktiert werde: „Zuletzt hat die OZ sieben Millionen Euro Gewinn gemacht – eine Spitzenposition innerhalb des Konzerns.“
Im Namen der Betroffenen appellierte Hohlfeld an die Sozialdemokraten, ihrem Bekenntnis zu Tarifverträgen und der Bedeutung von Arbeitsplätzen auch praktische Taten folgen zu lassen. „Wir brauchen jetzt Ihre Hilfe, um Kollegen vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren, die seit Jahrzehnten in diesem Betrieb arbeiten.“ Für sie gehe es um die Existenz. Aktuell stehen 50 Stellen auf der Streichliste, wobei 19 Mitarbeitern die Kündigung droht.
Als die protestierenden Mitarbeiter der OZ im Saal der Stralsunder Brauerei standen, zeigte sich SPD-Landeschef Erwin Sellerding souverän, gab zum Auftakt des Parteitages das Mikrofon für eine kurze Ansprache frei. Die wurde mit viel Applaus bedacht. Spontan solidarisierten sich Teilnehmer durch ihre Unterschrift mit den Zielen der Initiative „Unser Land braucht seine Zeitungen. Qualität und Vielfalt sichern.“
Zuvor hatten die Kollegen Flugblätter verteilt, die unter dem Motto „Im Visier des Madsack-Konzerns“ über die Situation des Blattes und die Rolle der SPD informieren. Bei zahlreichen Gesprächen wiesen sie auf die Gefahren des fortgesetzten Personalabbaus für die Öffentlichkeit hin: Wenn sich die Presse aus der Fläche zurückzieht, wird die politische Arbeit schwieriger – so öffnet sich der Raum für Gegner der Demokratie.
Am 24. Oktober beginnen die Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und der Gewerkschaft ver.di, bei denen es nicht nur um einen angesichts drohender Entlassungen erforderlichen Sozialtarifvertrag gehen wird, sondern auch um Möglichkeiten der Beschäftigungssicherung und Besetzungsregeln. Angesichts der bislang harten Haltung des Madsack-Managements in dieser Frage ist eine Verschärfung des Konflikts zu erwarten – und damit auch mehr Druck auf die SPD.