Personalentscheidungen, aber keine Klarheit für die
Ostsee-Zeitung: Weil ein neuer Chefredakteur keine Standortgarantie
ist, machen die Beschäftigten weiter Druck für die verbindliche
Sicherung der Eigenständigkeit des größten Blattes im Land. Ein
Warnstreik zeigt die Brisanz der Situation.
Die Einsetzung wurde etwas überstürzt ins Werk gesetzt. Erst am Vorabend erhielten die Redakteure der Ostsee-Zeitung die geheimnisvolle Einladung an den Newsdesk ihrer noch vollständigen Mantelredaktion, weil ihnen der Geschäftsführer etwas mitzuteilen habe.
Es war die Vorstellung des neuen Chefredakteurs Jan Emendörfer, der bisher den Stellvertreter-Posten innehatte. Manfred von Thien verlässt Rostock, um als „Redaktionsdirektor“ künftig der Lübecker Gemeinschafts-Mantelredaktion zu leiten.
Verlagschef Thomas Ehlers nutzte die Gelegenheit, um die geplante
Zusammenarbeit von Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten einmal mehr
in den leuchtendsten Farben zu malen, deren erster Schritt die
Verlagerung journalistischer Kompetenz an die Trave sein soll. Niemand
müsse sich Sorgen machen, denn beide Unternehmen stünden ausgezeichnet
da.
Doch die Sorgen nehmen weiter zu, weil sich die Geschäftsleitung
beharrlich weigert, ihre mündlichen Aussagen zu schriftlichen und damit
verbindlichen Vereinbarungen zu machen. Gewerkschaften und Betriebsräte
ringen seit Monaten um Regelungen für die geplante Kooperation der
beiden Springer-dominierten Blätter, aus der bis 2010 schon eine
Vollfusion werden könnte. Ihre Forderungen:
Beschäftigungssicherung, durch den Ausschluss von Änderungs- und Beendigungskündigungen, Zumutbarkeitsregelungen bei Versetzungen usw.;
faire Teilung der Aufgaben zwischen den Standorten Rostock und Lübeck;
klare Regelungen für weitere Umstrukturierungen, Ausgliederungen im Zuge der Kooperation/Fusion, etwa eindeutig definierte Zuständigkeiten der Betriebsräte, Absicherung neuer Firmen;
Mitsprachemöglichkeiten für Redakteure, damit Ostsee-Zeitung und Lübecker Nachrichten auf Dauer ein eigenständiges Profil bewahren.
Weil in der jüngsten Verhandlung die Arbeitgeber-Seite teilweise sogar hinter den Diskussionsstand der letzten Gespräche im Februar zurückging, wurden die Gespräche abgebrochen. Mit einem Warnstreik unterstrichen Mitarbeiter aus Redaktion, Verlag und Druck ihre Forderungen.
Ihnen genügen nicht Versprechen für die neue Redaktions-Service-Gesellschaft in Lübeck, die auch bislang nicht schriftlich vorliegen. Stattdessen wurde der Entwurf einer „Vereinbarung“ bekannt, der nach erster Prüfung die betroffenen Mitarbeiter um wichtige Rechte im Zusammenhang mit dem geplanten Betriebsübergang bringen würde.
Das Ziel bleibt: Verbindliche Sicherheiten für alle Betroffenen!
Denn die geplante Kooperation oder gar Vollfusion von Ostsee-Zeitung
und Lübecker Nachrichten hat Auswirkungen auf alle Mitarbeiter in
Redaktion, Verlag und auch Technik.